EUROPA


brauchen wir eigentlich als Bundesstaat. Aber ich glaube, wir werden weiterhin mit einem lockeren Staatenbund abgespeist. Hauptsache, jeder Provinzfürst ist in seinem Land der Erste und kann machen, was er will. In vielen Fällen bedeutet das auch, sich und seinen Günstlingen die Taschen vollzustecken. Victor Orbán formuliert es geschmeidig: "Wer für uns ist, wird es nicht bereuen." Ah ja.

 

Jean Claude Juncker

 

sprach im Feburar 2017 von einem Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten. Bedeutet, einige Nationalstaaten marschieren schnell auf einen gemeinsamen Bundesstaat zu. Andere möchten lieber ein Europa als Wirtschaftsgemeinschaft. Aber eben auch nicht mehr.

Möglich ist beides. Sogar gleichzeitig. Eine Europäische Union als lockerer Staatenbund mit einem Bundesstaat Europa und dem "Orbit" unabhängiger Nationalstaaten. Passiert ist seitdem nicht wirklich viel. Im Grunde genommen nix. Und jetzt haben wir den Salat.

 

Putin & Trump sei Dank

 

Wohl kein vernünftiger Mensch wird dem russischen Zaren einen schon krankhaften Expansionsdrang absprechen. Eine kluge Politik ist da angezeigt. Bescheidenheit und Kompromissbereitschaft statt Geschwafel von einer Großmacht Europa, die es gar nicht gibt.

Auf der anderen Seite des Atlantiks lauert die Gefahr, dass der amerikanische Polit-Kasper mit dem lächerlichen Vordach über der Stirn wieder an die Macht kommt. Sprich, eine Politik, wo wichtige Entscheidungen entsprechend der Tagesstimmung getroffen werden. Oder zur Not auch mal aus dem Würfelbecher. Hauptsache Häuptling Orangenlocke kann prahlen, was für ein toller Hecht er ist. 

Katarina Barley schwadronierte da schon mal vorsorglich von einer atomaren Bewaffnung Europas. Gegen strategische Atomraketen habe ich nichts. Denn es sind rein defensive Waffen. Abschreckung, sonst nichts. Wer als erster auf den roten Knopf drückt, stirbt als zweiter. Und das funktioniert immer noch. Wer Atomrakten hat, wird nicht angegriffen. Aber die gute Frau Barley fordert den Korb voller Eier, bevor das Huhn überhaupt bestellt ist. Geschweige denn gekauft.

Vor der Atomrakete muss klar sein, wer den Finger auf dem roten Knopf haben soll. Der französische Präsident, der deutsche Kanzler? Oder lieber "klein aber fein", sprich der luxemburger Premier-Minister? Oder alle zusammen und es dauert Wochen oder Monate, bis man sich entschieden hat. Hallo? Die russischen Iskander-Atomraketen brauchen von Königsberg bis Berlin 4 Minuten. Strategische Atomraketen ja, auch eine europäische Armee. Aber eben nur in einem Europäischen Bundesstaat. Nicht als neuer Geschäftsbereich der Brüsseler Quaselbude.

Und wieso Dank an Putin und Trump? Ganz einfach: Europa ist wie Menschen. Wenn es nicht nötig ist, bekommen sie ihren Arsch nicht hoch. Menschen nicht. Die Europäische Union nicht. Putin und Trump machen uns Feuer unterm Hintern. Entweder wir sagen "wat mutt dat mutt" oder wir machen auf "Vogel Strauß" und debattieren uns zu Tode. Kurzum, ohne den europäischen Bundesstaat geht es nicht. Das dürften deutsche, französische, holländische, belgische und luxemburger Mehrheiten langsam kapiert haben. Also Arsch huh! Jetzt. Nicht irgendwann mal.

 

Europa der Vaterländer

 

Der Spruch kam 1960 von Charles de Gaulle. Klar, der Mann war schon sehr speziell. Um es mal ganz vorsichtig auszudrücken. Allerdings will ich Monsieur le Président zu gute halten, dass "Europa der Vaterländer" notwendig war, damit sich in Europa überhaupt etwas in Richtung "gemeinsam" bewegen konnte. Also vor 64 Jahren. Vierundsechszig Jahre! Darum ist es unverzeihlich, dass Helmut Kohl und Nachfolger der konservativen deutschen Politik bis heute an dieser Ur-Lüge festhalten.

Bis auf unbedeutende (...und oft an der Haaren herbeigezogenen) Feinheiten ist Vaterland und Nationalstaat dasselbe. Genauso wie Patriotismus und Nationalismus. Egal welches Wort man sich aussucht, selbst die Erzählung ist immer gleich:

 

"Wir (die Guten) gegen die (die Bösen)." Das kann nicht funktionieren. Aus einem "gegen" kann niemals ein "gemeinsam" entstehen.

 

Erleben wir ja jeden Tag in der Brüsseler Quaselbude. Zwar führen die Europäer keine Kriege mehr. Jedenfalls nicht mit Waffen. Aber für die polische Piss-Partei ist es völlig in Ordnung, die eigenen Leute vor jeder Wahl mit aberwitzigen Reparations-Forderungen gegen unschuldige, weil zu spät geborene, Deutsche aufzuhetzen. Und was muss nicht alles "einstimmig" beschlossen werden! Oft genug verknüft mit themenfremden finanziellen Forderungen von ein paar Querschlägern. Ein Schelm, der jetzt an Viktor Orbán denkt.

Und nicht nur das. Die Europäische Union ist nur ein lockerer Staatenbund. Sie maßt sich aber an, mit Unmengen an Vorschriften in die Nationalstaaten hinein zu regieren. Das führt zu Frust und Ablehnung bei den Menschen. Denn sie erleben Europa als diktatorischen Störenfried in ihrem ansonsten doch so heimeligen Ländle. Die Engländer könnten sich mittlerweile selber in den Arsch beißen mit ihren Brexit. Nichts ist so gekommen, wie es von den Populisten versprochen wurde. Im Gegenteil. Little Britain wird "vom Winde verweht." Nicht, wie im Roman, die Blätter in den Südstaaten. Sondern gleich die ganze Insel im Sturm einer sich rasant ändernden Welt.

 

Nationalstaaten aufgeben

 

In einer multipolaren Welt haben wir keine andere Wahl als einen Bundesstaat der Regionen in Europa. Dafür müssen wir die Nationalstaaten aufgeben und uns rund um die Metropol-Regionen organisieren. In Westdeutschland wären das Kölle (Rheinland), Düsseldorf (Niederrhein) und Dortmund (Westfalen). Wobei die großen Städte nicht unbedingt die Hauptstädte einer Region sein müssen. Kölle wäre ja Blödsinn, wenn in Bonn alles Notwendige noch aus der Zeit des Bundesdorfes wieder flott gemacht werden kann.

Man sollte auch nicht vor den Staatsgrenzen Halt machen. "Lëtzebuerg-Lorraine-Saar" ist doch längst zusammen gewachsen, auch wenn diese Region heute auf 4 Nationalstaaten verteilt ist. Das kann doch nicht funktionieren? Doch, trotz der 3 Sprachen und 3 etwas unterschiedliche Lebenseinstellungen. Die Menschen dort sind tolerant aufeinander zugegangen und haben voneinander gelernt.

Es gibt auch ein historisches Beispiel in Europa, dass eine überregionale Gemeinschaft viel besser funktioniert als "nationalstaatlicher Scheiß". Wo? Tirol, Südtirol und Trentino. Während in Südtirol überwiegend deutsch und ladinisch gesprochen wird, ist es im Trentino italienisch. Und die Tiroler haben eine Sprache, die Rheinländer kaum verstehen können. Bis Anfang der 19-60-iger Jahre herrschten in Südtirol bürgerkriegsähnliche Zustände. Dann bekamen Südtirol und das Trentino mehr und mehr Autonomie. Seitdem Rom weitestgehend die Klappe hält, ist Ruhe im Karton. Und mehr noch. Heute richtet sich der Blick der Menschen auf die "Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino". Nachbarschaftlich gemeinsam statt aus der fernen Hauptstadt fremdbestimmt. Na geht doch.

 

Das rechte Maß ist entscheidend

 

Keine Region in einem europäischen Bundesstaat darf eine dominante Größe haben. Auch dafür gibt es ein gutes historisches Beispiel.

Als die US-Amerikaner den klammen Franzosen Louisiana "für'n Appel un'en Ei" abgekauft hatten, war das ein riesiges Gebiet zwischen Mississippi und Rocky Mountains. Unendlich viel mehr Landmasse als der heutige Staat Louisiana. Flugs hat man das Gebiet in 13 Staaten aufgeteilt, um einen Größen-Proporz zu den "alten" Staaten einzuhalten. Pikanterweise auch, um ein Gleichgewicht einzuhalten zwischen Sklaven- und Nicht-Sklaven-Staaten.

Wir Europäer brauchen den tiefen Teller nicht neu erfinden. Ein Europa mit den Schwergewichten Deutschland und Frankreich gegen den Zwerg Luxemburg, das wird nicht gehen. Selbst die Niederländer mit ihren fast 18 Millionen Einwohnern werden da kariert dreinschauen. Aber ihr Randstad Holland mit den Städten Amsterdam, Rotterdam, Den Haag und Utrecht würde im Verbund der Regionen in Europa in der 1. Liga mitspielen. Und selbst die Wirtschaftsregion Luxemburg ist ja eine völlig andere Nummer als der heutige Zwergstaat Luxemburg.

Mit Regionen würde ein geeintes Europa gehen, mit Nationalstaaten nie und nimmer.  

 

Mitnehmen was geht?

 

Die Verlockung ist groß. 500 Millionen Menschen. Wow! Sinnvollerweise müssten die BeNeLux-Länder, Frankreich und Deutschland anfangen. Das sind ja schon mal 180 Millionen Menschen mit einer sehr hohen Wirtschaftskraft. Diese 5 Länder unter einen Hut zu bekommen, ist schwer genug. Mit mehr oder gar allen Staaten der heutigen EU ist es beim besten Willen nicht möglich, ein Fundament zu legen für einen funktionierenden Bundesstaat der Regionen in Europa. Nur, als erstes muss ja irgendjemand aufstehen und sagen:

 

"Wir müssen die Nationalstaaten aufgeben. Lasst uns Europäer sein, aus der Region (z.B.) Rheinland und der Stadt (z.B.) Kölle."

 

Die anderen Länder brauchen sich nicht sofort anzuschließen. Die EU als gemeisamer Markt muss ja erhalten bleiben. Das soll dann aber wirklich nur ein gemeinsamer Markt sein. Ohne den Geldautomat in Brüssel, wo sich Herr Orbán jeden Monat ein paar Milliarden Euros für sich und seine Lieben ziehen kann. Eine gewisse gemeinsame Normierung ist notwendig. Es wäre ja völliger Quatsch, wenn jeder Staat in Europa (wie früher) andere Vorschriften für die Heckbeleuchtung von Autos hat. Allerdings, juristische Vorschriften, wie sie ein Bundesstaat erlassen kann und soll, gehen nicht bei einem lockeren Staatenbund. Erst mal von der nicht demokratischen "Kommission" regieren lassen und über den dazugehörigen Bundesstaat reden wir später, das ist ein absolutes No-Go. Genauso wie die Idee, dass Europa schon von alleine zusammenwächst, wenn die Kommission nur ordentlich viel Geld über Randgebiete der Nationalstaaten auskippt. Für teilweise unsinnige Projekte. Ich denke da an meine Auch-Heimat-Insel Gran Canaria, wo zwischen den Mega-Metropolen La Aldea und Agaete ein Autobahntunnel durch die Berge gebohrt worden ist. Oder an die U-Bahn zwischen Santa Cruz und La Laguna. Entfernung 10 km, Streckenlänge 25 km, um die 1500 Höhenmeter zu schaffen.

Jean Claude Juncker sprach vor 7 Jahren von einem Europa der 2 Geschwindigkeiten. Einige Staaten, die schnell aufeinander zugehen. Andere, die lieber in einem "Orbit" bleiben. Ja, nicht nur davon reden. Machen!

Und in diesem Orbit könnte man mit der Zeit sogar .... uhi, jetzt kommt was .... Russland und die Urkaine aufnehmen. Beide. Belarus gleich mit. Es geht ja um einen gemeinsamen Wirtschaftsraum und nicht um ein gemeinsames Verständnis von Freiheit und Demokratie. Das ist Pflicht in einem Europäischen Bundesstaat. Der jedoch nur einer von vielen Staaten in der EU sein sollte. Solange, bis der "Druck der Straße" in den Noch-Nationalstaaten so groß wird, dass sie sich anschließen müssen. Aber zu den Konditionen des Bundesstaates und nicht nach "nationalem" Recht.

Ein europäischer Bundesstaat sollte den Regionen so viel Eigenständigkeit wie möglich lassen. Aber auch so viel verbindliche und unumstößliche Vorgaben des Bundes fordern wie nötig. Mal eben die Eigenständigkeit der Obersten Justiz (....die 3. Gewalt) abschaffen, wie es die Piss-Partei in Polen gemacht hat oder die Medien gleichschalten (....die 4. Gewalt), wie bei Herrn Orbán zur Absicherung seiner lebenslangen Wiederwahl, das darf nicht sein. Eine "Union der Regionen in Europa" kann nur eine echte Demokratie sein. Keine Einschränkungen, gar keine. Punkt.

Und damit jeder Region klar ist, wo die Grenzen sind, kann es kein Austreten aus der Union geben. Sehr wohl aber ein Rausgeworfen-Werden. Heute ist es, mit verhehrenden Folgen, genau umgekehrt.

 

Die traurige Realität

 

Oder wir machen in "weiter so" mit der widersinnigen Lüge "Europa der Vaterländer". Allerdings kostet die Brüsseler Quaselbude dann auch weiterhin Unmengen an Geld und es bringt am Ende nichts. Paradebeispiel sind die irrsinnig hohen Verteidigungs-Ausgaben der EU-Länder heute. Alleine verteidigen können wir uns trotzdem nicht. Und die EU bleibt, was sie heute ist: Eine Lachnummer. Ein riesiger Papiertiger.

Die aktuellen "Alt"-Politiker scheinen die zweite Variante zu wählen. Ich sehe niemanden von Format, der sich erfolgreich um ein handlungsfähiges Europa bemühen könnte. Geschweige denn wöllte. Heute bibbern wir, ob in Frankreich Marine Le Pen am Ende doch gewählt wird. Eine Populistin, welche Deutschland hasst und die Europäische Union vernichten will. Die Fascho-Italienerin gibt sich im Moment geschmeidig. Ohne EU-Geld ist Bella Italia pleite. Sobald die finanziell wieder flott sind, werden wir wohl ganz andere Tönen hören.

Unfähige und/oder unwillige Polit-Seilschaften treiben die Leute in die Arme von Populisten und Diktatoren. Weil bei diesen Leuten wieder nur etwas heraus kommt wie bei 16 Jahren CDU/CSU mit Kanzlerin Merkel am Steuer. Stillstand im "weiter so" und alle Problemchen werden mit viel Geld zugeschüttet.

 

Das Bündnis Sahra Wagenknecht will die "Übergriffigkeit" der EU einschränken. Damit bin ich auf der Basis eines "Europa der Vaterländer" in jeder Hinsicht einverstanden. Heute ist die EU einerseits ein lockerer Staatenbund, maßt sich aber Rechte an, die nur einem Bundesstaat zustehen.

Allerdings sehe ich durchaus, dass ich es mir leisten kann, nach einer URE zu rufen. Also einer "Union der Regionen in Europa" oder "Union des Regións d'Europe" oder "Unie van regio's in Europa". Regionen bietet sich an, weil die Abkürzung "URE" in allen Sprachen geht und sich ausreichend deutlich von USA unterscheidet. Außerdem täte man kosten- und mühelos den immer etwas speziellen Franzosen eine Gefallen. Sie nennen ihre Bundesländer schon heute "región". Provinz ginge auch, ist aber im deutschen Sprachgebrauch sehr negativ belegt.

Eine Partei kann solche Ideen kurz vor der Europawahl niemals in den Ring werfen. Warum denn nicht? Die Wahrheit muss doch auf den Tisch, oder? Ja schon. Alles, was man sagt, muss die Wahrheit sein. Allein, in den "modernen" Medien muss man den Parteiwillen in 10-20 Sekunden und in maximal 3 Sätzen mitteilen. Dann geht nur der eine Aspekt "für heute" und nicht das endgültige Ziel. Wenn man das nicht präzise rüberbringt, wird man in der Luft zerrissen wie Robert Habek mit seinem im Ansatz gar nicht so unvernünftigen Heizungsgesetz.

 

Das Wort zum Wahltag

 

Wollen die jungen Leute von heute eine Zukunft haben, müssen sie neue Wege gehen. Die "alte Politik" will wiedergewählt werden. Sonst nichts.

 

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  • Frank Kleudgen
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